Karpfenangeln im Totholz

Hook and Hold

So gewinnst Du das Tauziehen mit dem Karpfen!

Hier „stinkt's” nach Karpfen! An einem solchen Ufer halten sich unter Garantie immer einige Fische auf.

Wirfst Du einen genaueren Blick ins Geäst, wirst Du – einigermaßen klares Wasser vorausgesetzt – vermutlich schnell den einen oder anderen breiten Rücken entdecken. Stellt sich nun die Frage nach dem weiteren Vorgehen.

Ein Plan muss her!

Ein Restrisiko bleibt immer, aber es ist unsere Pflicht als Angler, dieses so gering wie möglich zu halten. Möchtest Du auf Hinderniskarpfen fischen, brauchst Du einen guten Plan. Dazu gehört zunächst, sich die Gegebenheiten ganz genau anzusehen, um das Risiko überhaupt abschätzen zu können.

Mit bloßem Auge ist häufig nur die Spitze des Eisberges zu erkennen. Hier zeigt erst das Echolot die vollen Ausmaße des umgekippten Baumes und beantwortet uns eine wichtige Frage: Wo und wie dicht am sichtbaren Gehölz können wir unseren Köder überhaupt anbieten? Liegt Deine Montage von Anfang an zwischen den Ästen, hast Du fast keine Chance, den bald folgenden Drill für Dich zu entscheiden.

Je dichter der Köder am Holz liegt, desto eher gibt es Bisse. Es ist und bleibt eine Abwägung des Risikos: Sieht die „Totholzburg” einigermaßen harmlos aus, kannst Du Deine Montage direkt davor oder sogar darunter ablegen. Bei vielen dickeren Ästen unter Wasser, die vielleicht auch noch mit scharfkantigen Muscheln gespickt sind, rate ich zu einem kleinen Sicherheitsabstand von einem Meter oder auch zwei.

Mit Futter lassen sich die Karpfen häufig auch ein Stück aus ihrem „Wohnzimmer” locken. Bei diesem hier hat es gut geklappt. Er biss ein gutes Stück entfernt vom Hindernis.

Der entscheidende Teil des Masterplans: Von welchem Uferplatz aus lässt sich das Hindernis vernünftig anfischen? Ganz wichtig ist, dass wir später den richtigen Winkel haben, um den Fisch überhaupt von der Flucht ins Holz abhalten zu können. Im Idealfall beangelst Du das Hindernis möglichst direkt von vorne. Ganz schlechte Karten hast Du seitlich dazu. Aus dieser Position lässt sich kaum Druck vom Hindernis weg aufbauen.

Schlagschnur für Karpfen
Wo Holz im Wasser liegt, lassen sich auch Muscheln gerne nieder. Deshalb: nie ohne Schlagschnur !

Tackle, Schnüre & Montagen zum Hindernisangeln

Die normale Standard-Karpfenausrüstung (Rute mit 3 lbs Testkurve + robuste Rolle + 0,40er monofile Schnur) genügt auch zum Hindernisangeln. Viel feiner sollte das Gerät dann aber nicht ausfallen. Beim Fischen auf größere Distanzen ab etwa 50 Meter verwende ich allerdings nur noch geflochtene Schnur. Da sie keine Dehung hat, lässt sich mit ihr ohne Verzögerung Druck auf den Karpfen ausüben. Eine abriebfeste, monofile Schlagschnur (mindstens 15 Meter lang und 0,70 Millimeter stark) ist unabhängig von der Hauptschnur Pflicht beim Hindernisangeln.

Für den Fall, dass es der Karpfen in die Äste schafft, muss außerdem gewährleistet sein, dass sich das Blei löst, sobald es sich irgendwo verfängt. Eine klassische  Karpfenmontage mit Safety Clip erfüllt diesen Zweck.

Noch lieber setze ich allerdings eine Helicopter-Montage ein. Sollte es doch zu einem unglücklichen Abriss kommen, rutscht der Ringwirbel sicher vom Leader und von der Schlagschnur. Der Karpfen hat dann „nur” das relativ kurze Vorfach im Schlepptau und nicht zusätzlich noch Schlagschnur und vielleicht viele Meter Hauptschnur. Ein Release Clip am Ende des Leaders (z.B. Heli Safe System von Korda) sorgt dafür, dass sich das Blei direkt zu Beginn des Drills löst. Mehr dazu findest Du in diesem Artikel über das Chod Rig.

Das Rig selbst muss robust sein, wobei übermäßig grobe Bestandteile meistens nicht notwendig sind. Man wundert sich, was so ein Standardhaken in Größe 4 oder 5 und die üblichen Vorfachmaterialien mit 25 bis 30 lbs Tragkraft aushalten! Von allzu dünndrähtigen Haken und extra feinen Vorfächern solltest Du beim Hindernisangeln aber selbstverständlich die Finger lassen.

Im Bereich versunkener oder überhängender Bäume ist der Grund selten sauber. Ein paar kleine Äste, alte Blätter oder Muschelschalen liegen dort immer herum. Eine Pop-Up-Montage ist daher meistens die beste Wahl, denn der Haken kommt hier gar nicht erst mit dem Boden in Berührung. Ich schwöre beim Hindernisfischen auf ein schnörkelloses, robustes Multi Rig.

Von entscheidender Bedeutung ist die Rutenablage. Sie bekommt beim Biss die volle Wucht ab und muss einfach standhalten! „Goal Post”-Aufbauten – also Buzzer Bars, die jeweils mit zwei Bank Sticks an den Enden in der Erde fixiert werden, oder einzelne Erdspieße ohne Buzzer Bars sind sicherlich am haltbarsten. Möchtest Du ein Rod Pod verwenden, solltest Du es nicht nur auf den Boden stellen, sondern fest verankern.

Es nützt allerdings wenig, wenn nur der Aufbau bombensicher steht und die Rute beim Biss ins Wasser gerissen wird. Eine hintere Rutenauflage, die sicher zupackt, ist unumgänglich. Unter dem Namen „Butt Grip oder „Butt Lock” findest Du im Handel verschiedene, gute funktionierende Modelle.

Hook and Hold – es wird ernst!

Der Plan steht, die Montagen liegen direkt am Totholz und die Ruten sicher in den Haltern. Was Du auf jeden Fall verhindern musst, ist eine klassische erste Flucht nach dem Biss. Der Karpfen sollte – nein, er darf – keinen Meter Schnur bekommen. Der fein eingestellte Rollenfreilauf ist hier also vollständig fehl am Platz. Stattdessen drehen wir die Bremse dicht – und zwar richtig dicht!

Tiefschlaf im zehn Meter entfernt aufgebauten Zelt ist keine gute Idee beim „Hook and Hold”-Fischen. Du musst schon an den Ruten sitzen, um den Biss frühzeitig erkennen und blitzschnell reagieren zu können. Durch die nahezu geschlossene Bremse entsteht beim Biss selten ein echter „Vollrun” – der geliebte Dauerton des Bissanzeigers ertönt dann nicht. Oft erkennst Du Bisse an einer ruckenden oder sich krümmenden Rutenspitze, bevor der Bissanzeiger überhaupt ein paar einzelne Pieper verlauten lässt.

hook an hold
Beim klassischen „Ranpumpen” lässt zwischendurch immer wieder der Druck nach. Diese Momente kann der Karpfen für sich nutzen. Deshalb: Lieber rückwärts gehen, wenn es der Platz ermöglicht.

Biss! Jetzt heißt es den Karpfen regelrecht zu überrumpeln, bevor er in Fahrt kommt. Greife die Rute, blockiere wenn nötig die Rollenspule mit der Hand, nimm Deinen Mut zusammen und gehe rückwärts. So baust Du einen gleichmäßig hohen Druck auf, der es dem Karpfen unmöglich macht, sich zu drehen und Richtung Hindernis zu flüchten. Die ersten Meter sind entscheidend. Merkt der Fisch, dass es in die gewünschte Richtung partout nicht weitergeht, entschließt er sich häufig für einen anderen Weg, schwimmt zur Seite oder auf den Angler zu. Der kritische Moment ist vorbei und die Chancen auf einen guten Ausgang des Drills steigen massiv.

Noch ein wichtiger Tipp: Vom Schlauchboot aus kannst Du zu Beginn des Drills nicht genügend Druck aufbauen. Den schwimmenden Untersatz solltest Du also erst dann zu Hilfe nehmen, wenn der Fisch bereits ein gutes Stück vom Hindernis entfernt ist.

Happy End! Ein sportlicher Schuppi aus dem Holz musste sich nach heftigem „Tauziehen” geschlagen geben. Allen guten Tipps zum Trotz: „Hook and Hold” bleibt eine grenzwertige Angelei, bei der immer wieder mal Karpfen ausschlitzen oder gar abreißen. Meine Bitte: Riskiere nicht zu viel und sei Dir Deiner Verantwortung gegenüber dem Fisch bewusst!


Fotos: Tobias Norff / Illustration: Bastian Gierth

Anzeige:
Karpfenangeln im Totholz