Keine passenden Klemmhülsen zur Hand? Auch dann hilft das Twizzeln beim Bau von Stahlvorfächern!
Tobias Norff für Dr. Catch
Wer Länge, Stärke, Karabiner- und Hakengrößen selber bestimmen möchte, sollte sich seine Stahlvorfächer zum Hechtangeln am besten selber machen. Wie das unter Verwendung von Klemmhülsen und Zange funktioniert, haben wir in den Artikeln „Das Stahlwerk" und „Zwei Haken für Hecht" ausführlich beschrieben. Sowohl Hülsen als auch Zange kosten natürlich wieder Geld. Sicher ein Grund, warum viele Angler ihre Stahlvorfächer ohne Klemmhülsen bauen. Letztlich ist es aber vor allem eine Frage des persönlichen Geschmacks. Halten tun beide Varianten. Als Alternative zu Klemmhülsen bietet sich vor allem das sogenannte Twizzeln an. Dabei wird das Stahlvorfach weder geknotet noch gequetscht, sondern hält durch Verzwirbeln der Enden. Unsere Anleitung beschreibt, wie Du auf diese Weise Stahlvorfächer zum Spinnfischen und zum Angeln mit Köderfisch herstellen kannst.
Das englische Wort „Twizzle" beschreibt übrigens eine Drehfigur im Eiskunstlauf.
Das Twizzeln funktioniert mit fast allen Stahlvorfach-Materialien. Besonders geeignet zum Verzwirbeln ist der recht steife siebenfädige Stahl (1x7). Es klappt aber auch mit 49-fädigem Stahl (7x7), wenn dieser nicht zu weich ist. Mit Nylon ummanteltes Stahlvorfach kannst Du ebenfalls problemlos twizzeln, es wird allerdings ein bisschen anders verarbeitet. Aber dazu später mehr.
Statt Knoten-Tool kannst Du auch eine Ködernadel, einen speziellen Twizzle Stick aus dem Fachhandel oder irgendein anderes Utensil mit Einhängehaken verwenden.
Bevor es losgeht, werfen wir einen Blick auf die benötigten Utensilien und Kleinteile: ein Feuerzeug (1), eine Arterienklemme (2) oder alternativ ein Knoten-Tool mit Haken (3). Möchtest Du ein Stahlvorfach zum Spinnfischen bauen, kommen Wirbel und Karabiner (4) dazu. Für ein Köderfischvorfach benötigst Du noch Drillinge (5) und eventuell Schrumpfschlauch (6).
Stahlvorfach zum Spinnfischen
Nimm das Ende des Stahls doppelt, sodass eine Schlaufe entsteht. Diese führst Du nun durch das Öhr des Wirbels.
Nun den Wirbel durch die Schlaufe führen. Diesen Vorgang nennt man „einschlaufen". Achte darauf, dass noch mindestens sechs, sieben Zentimeter Stahl überstehen. Die brauchen wir später zum Verzwirbeln!
Jetzt die Verbindung fest zuziehen. Vor allem bei sehr steifem Stahlvorfach ist es nötig, den Stahl vorher ein bisschen mit den Fingern in die gewünschte Richtung zu schieben.
Das überstehende Ende (und nur das!) sollte vor allem bei 49-fädigem Stahl ganz kurz zum Glühen gebracht werden. Dadurch verliert das Material seine Spannung und bleibt nach dem Twizzeln in der gewünschten Form. Achtung: Nicht bei ummanteltem Stahl machen!
Jetzt geht's ans Twizzeln! Dafür gibt's verschiedene Hilfsmittel. Aber fangen wir doch einfach mit der Arterienklemme an, die wir nun fest an das Ende des Stahlvorfachs klemmen und einrasten lassen.
Lasst die Arterienklemme nun um das Stahlvorfach rotieren. Durch das Gewicht der Zange und die Fliehkraft wickelt sich das Ende in festen Windungen um das Stahlvorfach. Das Ganze erfordert ein wenig Übung, bis die Wicklungen schön eng und gleichmäßig gelingen. Aber keine Sorge: Halten wird es – auch wenn die Windungen mal nicht ganz so sauber aussehen.
Zwei bis drei Zentimeter Wicklung genügen vollkommen. Da rutscht garantiert nix mehr! Jetzt nur noch das Ende kurz und bündig abschneiden – fertig ist die Verbindung zwischen Stahlvorfach und Wirbel.
Der Haken muss natürlich in die Wirbelöse eingehängt werden, an der auch das Stahlvorfach befestigt ist – sonst drehst Du nur den Wirbel, statt das Vorfach zu verzwirbeln.
Statt Arterienklemme kannst Du zum Verzwirbeln auch so ein Knoten-Tool oder einen speziellen Twizzle Stick verwenden. Vorteil: Die Entstehung der Wicklungen lässt sich damit leichter kontrollieren und die Verbindung gelingt meistens etwas gleichmäßiger. Zunächst hängst Du den Wirbel in den kleinen Haltehaken ein.
Damit das Twizzeln gelingt, muss das kurze Ende etwa im 90-Grad-Winkel zum Vorfach stehen. Das kurze Ende soll um das lange herumgewickelt werden. Das eigentliche Vorfach bleibt so knickfrei und gerade. Halte das Ganze dort, wo sich langes und kurzes Ende treffen zwischen Daumen und Zeigefinger mit ordentlich Druck fest und drehe dann das Knoten-Tool, um die Wicklungen zu erzeugen. Achte darauf, dass sich das lange Ende in Deiner Hand mitdrehen kann, damit es nicht verdrallt.
Am anderen Ende befestigst Du auf die gleiche Weise den Karabiner zum Einhängen des Köders.
Fertig ist Dein Stahlvorfach zum Spinnfischen – ganz ohne Klemmhülsen und teure Zange.
Ummanteltes Stahlvorfach verschweißen
Nylon-ummanteltes Stahlvorfach kannst Du ebenfalls Twizzeln. Es ist durch die Beschichtung allerdings recht glatt und bleibt nicht ganz so sicher in Form wie das unbeschichtete Material.
Wir empfehlen, ummanteltes Stahlvorfach nach dem Verzwirbeln über einer Flamme zu verschweißen. Die Beschichtung schmilzt und härtet nach dem Abkühlen wieder aus. Dadurch werden die Wicklungen praktisch mit dem Vorfach verklebt. Wichtig: Nicht zu lange in die Flamme halten. Die Beschichtung soll nur ein wenig schmelzen und nicht gleich verbrennen!
Bombensicher! Bei der verschweißten Verbindung geht garantiert keine Wicklung mehr auf.
Zwei-Haken-Vorfach zum Angeln mit Köderfisch
Du angelst lieber mit Köderfisch auf Hecht? Kein Problem! Auch dafür lassen sich Stahlvorfächer ohne Klemmhülsen herstellen.
Zunächst befestigst Du mit der zuvor beschriebenen Methode einen Drilling am Ende das Vorfachs. Der zweite Haken wird dann im gewünschten Abstand dazu auf dem Stahlvorfach angebracht. Wie das genau funktioniert, zeigen die folgenden Grafiken.
Zur besseren Darstellung haben wir das Ende des Vorfachs stark verkürzt dargestellt. In der Praxis entspricht es der Länge des fertigen Vorfachs.
Das Stahlvorfach durch das Öhr des zweiten Drillings führen und den Haken in die gewünschte Position bringen.
Anschließend führst Du das Stahlvorfach zurück, sodass es zwischen den Hakenbögen liegt.
Nun das Stahlvorfach dreimal um den Hakenschenkel wickeln und erneut durch das Hakenöhr stecken. Das Ganze ordentlich festziehen – fertig!
Wer's besonders sicher und hübsch machen möchte, kann Hakenschenkel und Windungen jetzt noch mit etwas Schrumpfschlauch abdecken. Ist aber eigentlich nicht notwendig.
Grundsätzlich solltest Du jedes Stahlvorfach einem Zugtest unterziehen, bevor es ans Wasser geht. Dann klappt's auch mit den großen Hechten!