Wolfsbarsch angeln in Irland

Wilde Wölfe und graue Grazien

Küstenangeln in Kerry - Teil I
Charlie Chaplin Statue in Waterville
Jedes Jahr im August findet in Waterville übrigens das "Charlie Chaplin Comedy & Film Festival" statt.

An unserem Ausgangspunkt, dem malerischen Küstenort Waterville, begrüßt eine Charlie Chaplin-Statue die Reisenden. Der „Little Tramp” verbrachte in den 60er und 70er Jahren regelmäßig seine Urlaube in Waterville. Wir wissen nicht, ob es den britischen Komiker auch wegen der Angelmöglichkeiten in diese entlegene Gegend zog. Aber dass es sich für uns Angler lohnt, davon konnten wir uns die kommenden Tage eindrucksvoll überzeugen.

Blick aufs Revier: Den Großteil unserer Angelzeit verbrachten wir an den Stränden und Klippen der großen Ballinskelligs Bay sowie an der nördlich von Glenbeigh liegenden Halbinsel Rossbeigh sowie dem direkt westlich entlang der Küstenstraße N70 anschließenden Küstenabschnitt.

Fischen vor der Felsküste

Das Westende des Inny Strand: Ruten montieren und rein in die Watklamotten! Zwischen zwei Sandstränden ragen Felsvorsprünge in die Bucht, die förmlich nach Wolfsbarsch riechen!

Fliegenfischen in Irland auf Wolfsbarsch
In der Regel werden Wolfsbarsche bei auflaufendem Wasser bis Höchststand befischt.

Bei Niedrigwasser tasten wir uns vorsichtig auf die vordersten, seepockenbewachsenen Steine vor. Hier haben wir tiefes Wasser und Tangwälder in Wurfweite. Während Markus und Chrissi ihre Fliegenruten schwingen, schleudern Fin und ich Wobbler und Gummifisch Richtung Horizont.

Jawoll! Markus hat den ersten Wolfsbarsch am Haken! Noch heute habe ich keine Ahnung, wie ich in gefühlter Lichtgeschwindigkeit mit Kamera und Rute in der Hand von meinem Riff runter und bis hinaus zu Markus gehüpft und geklettert bin. Egal: Alle Knochen noch heil und der erste irische Wolf der Tour ist auf dem Kamerachip!

Toller Wolfsbarsch, der dem schlanken Streamer nicht widerstehen konnte. Wenn so schon der erste Tag startet, steigt der Optimismus in ungeahnte Höhen!

Allerdings fordern die schroffen Felsen und scharfen Muscheln bereits ersten Tribut: Fins Watsohle hat sich gelockert. Aber der "McGyver" aus Flensburg weiß sich zu helfen und fixiert die lose Filzsohle mal eben mit einem Stück Fliegenschnur. Muss ja weitergehen!

Zeit für einen Blick auf unsere Wolfsbarschköder: Lange, schlanke Wobbler in Sandaalform sind für die Wölfe immer eine gute Wahl.

Ebenfalls hoch im Kurs stehen bei den grau-silbernen Räubern Gummfische wie dieser Fiiish Black Minnow. Praktisch: Durch den im Gummifisch versenkten Offset-Haken lassen sich auch Areale mit mehr Pflanzenwuchs hängerfrei befischen.

Auch wenn die gezeigten Köder sonst eine gute Wahl sind – heute haben sich die Wolfsbarsche eher auf federleichte Köder an der Fliegenrute eingeschossen. Wenn Du auch Lust hast, es mal mit der Fliege auf diese tollen Fische zu probieren, dann bringt Dich bestimmt unser Artikel über Fliegenfischen auf Wolfsbarsch weiter!

Wolfsbarsch angeln in Irland
Für das Fischen im Meer benötigst Du in Irland keinen Angelschein!

Und wieder zurück ins Wasser! Mittlerweile genießt der Wolfsbarsch in vielen Regionen Europas besonderen Schutz, so auch in Irland: Aktuell (Stand 3/2019) darf zwischen 1. April und 31. Oktober pro Angler und Tag ein Wolfsbarsch entnommen werden. Während des übrigen Jahres gilt ein striktes "Catch & Release"-Gebot, jeder gefangene Wolfsbarsch muss also umgehend wieder zurückgesetzt werden.

Wolfsbarsch angeln in Kerry
Geht am besten immer zu zweit ans Wasser, denn auch im Falle eines Sturzes kann die Lage für einen allein schnell brenzlig werden.

Und noch ein wichtiger Hinweis: Der Gezeitenunterschied am Atlantik liegt in dieser Region bisweilen bei über 4 Metern! Achte bei Deinen Kletterpartien unbedingt darauf, dass Dir die auflaufende Flut nicht den Rückweg abschneidet.

Wolfsbarschrute und Ausrüstung
Vor allem wegen der scharfkantigen Felsen solltest Du auf jeden Fall ein rund 70 Zentimeter langes Vorfach aus 0,35er Fluorocarbon vor das Geflecht schalten.

Bevor es an den nächsten Spot geht, noch ein Blick auf die Ausrüstung für Spinnfischer: Eine Spinnrute um 2,70 Meter Länge und mit einem Wurfgewicht bis 60 Gramm sollte es schon sein, wenn Du unter rauen Bedingungen auch mal größere Köder werfen willst. Eine salzwassertaugliche Stationärrolle mit 0,14er Geflochtener komplettiert die Ausrüstung.

Räuber überm Riff

Für den Folgetag haben wir uns ein völlig anderes Revier ausgesucht: Über den Friedhof Ballinskelligs Abbey gelangen wir zu einem flachen Steinriff, das großflächig mit Blasentang bewachsen ist.

Angeln in Irland bei Waterville
Im Hintergrund zu erkennen: die Ruine vom Ballinskelligs Castle

Als wir vorsichtig aufs Riff waten, bemerken wir immer wieder Bugwellen von größeren Fischen. Wolfsbarsche im nicht mal knietiefen Wasser? Mitnichten – bei näherem Hinsehen identifizieren wir die schlanken, grauen Körper einwandfrei als Meeräschen. Die hatten wir nun gar nicht auf dem Plan! 

Aber wir sind schließlich zum Wolfsbarschangeln hier: Deswegen klinke ich in diesem ultraflachen Revier einen Popper in den Karabiner. Keine schlechte Idee, denn nach wenigen Würfen steigt ein Wolfsbarsch ein, verabschiedet sich aber leider nach einigen heftigen Kopfstößen. 

Auch heute ist es wieder die "Fliegen-Fraktion", die uns entschneidert: Gerade in solch flachen Abschnitten lassen sich leichte Streamer nun mal super verführerisch übers Kraut führen. Aber die Stunde der Spinnfischer sollte noch kommen ...

Von Meeräschen und Maden

Bei einem kleinen Zwischenstopp gleich um die Ecke am Hafen von Ballinskelligs sichten wir zahlreiche Meeräschen, die durchs klare Wasser ziehen und augenscheinlich den Untergrund nach Fressbarem durchsuchen. Jetzt greift auch Fin zur Fliegenrute.

Einige Würfe später weicht unsere Anspannung der Erkenntnis, dass eine fressende Meeräsche noch lange nicht eine fangbare Meeräsche ist. Völlig desinteressiert ziehen die Fische an den angebotenen Nymphen und Mini-Fliegen vorbei. Aber vielleicht hat ja John Quinlan, Angelguide und Inhaber der Thatch Cottage Fishing Lodge, mit dem wir am Folgetag verabredet sind, eine Idee, wie wir die scheuen Grazien verführen können ...

Hat er! Anfüttern ist der Schlüssel zum Erfolg: Bei Niedrigwasser verteilt John alten Tang, der voller kleiner weißer Maden steckt, bis hinunter ans Wasser. Bei auflaufender Flut finden sich die Meeräschen hier dann zur Mahlzeit ein und verlieren – zumindest zum Teil – ihre berühmte Scheu.

Mit einer kleinen Maden-Imitation aus Schaumstoff verliere erst ich eine Meeräsche nach kurzem Drill, bis dann Chrissi endlich eine landen kann. Wie wir das genau gemacht haben, zeigen wir Dir in diesem Artikel.

Zurück zu den Wolfsbarschen: Mit John zusammen folgen wir nun dem Ring of Kerry in nördlicher Richtung. Westlich des Ortes Glenbeigh verläuft diese hübsche Küstenstraße direkt entlang der Dingle Bay. Laut John ebenfalls eine Top-Strecke zum Wolfsbarschfischen! Aber heute hat er ein völlig anderes Revier für uns auf dem Plan.

Räuber in Rinnen

Östlich der Halbinsel Rossbeigh münden zwei Flüsse, der River Behy und der River Caragh, in ein ausgedehntes Delta. Wir parken auf dem trockengefallenen Sanduntergrund und machen uns auf den Weg zu den tieferen Rinnen.

 

Wichtiger Hinweis: Diesen Strand bitte nicht auf eigene Faust befahren, sondern nur mit einem ortskundigen Guide! Da einige Bereiche des Mündungsgebiets weichen Untergrund haben, besteht die Gefahr, sich festzufahren. Insofern lieber auf dem öffentlichen Parkplatz am Südende der Halbinsel parken, Lunchpaket einpacken und sich auf den Weg machen.

Aber auch der Weg die Dünen entlang ist ein Erlebnis für sich: Bisweilen sieht man springende Lachse auf ihrem Weg in die Flüsse und frei nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel" lockern auch solch hübsche Strandfunde wie diese blaue Segelqualle den Anmarsch auf.

Keine Frage: Nach einem klassischen Wolfsbarschrevier sehen diese sandigen Rinnen definitiv nicht aus. Laut John gehen hier aber immer wieder große Brocken an den Haken, zumal sich in den verbliebenen Wasserläufen bei Niedrigwasser die Futterfische konzentrieren.

Für dieses ungewöhnliche Revier empfiehlt John übrigens eine ganz spezielle Montage: Hinter einer auf der Hauptschnur laufenden Bleiolive wird an einem rund 70 Zentimeter langen Vorfach ein schwimmender Gummifisch (hier der Z-Man Scented Paddlerz) am Offset-Haken montiert. Lässt sich zwar nicht gut werfen, aber weite Würfe sind hier zum Glück auch gar nicht nötig. Auf jeden Fall läuft der Köder so immer schön nah am Grund, wo in diesem Revier die Wolfsbarsche bevorzugt auf Raubzug gehen.

Also auswerfen, absinken lassen, langsam grundnah einholen und – zack – Mission erfüllt! Direkt an einer Strömungskante pflückte sich dieser Wolfsbarsch den langsam geführten Gummifisch weg.

Fischen im Fluss

Als nächstes entführt uns John in ein auf den ersten Blick noch untypischeres Revier: Bevor der River Inny nördlich von Waterville ins Meer mündet, verzweigt er sich und bildet eine Art Lagunen-Landschaft voller kleiner Inseln, Rinnen und Sandbänke. Sowohl Wolfsbarsche als auch Meeräschen sollen hier regelmäßig auf Nahrungssuche gehen.

Die kleinen brackigen Pools sind in der Regel schnell abgefischt und weiter geht's über Wiesen und Gräben zum nächsten Hotspot.

Dass sich hier nicht nur Fische, sondern auch Fischjäger wohlfühlen, sehen wir gleich an mehreren Stellen: Fraßplätze von Fischottern, die sich leckere Muscheln aus dem Schlick buddeln, gibt es hier zuhauf.

Man würd's nicht glauben, wenn man's nicht mitgemacht hätte: Wie die Indianer befischen wir geduckt kleine Seitenarme und Gezeitentümpel.

Und wieder ist es Chrissi, die mit ihrem Fluss-Wolfsbarsch Johns Voraussagen bestätigt. 

Nachtangeln am Strand

Für den Abschluss haben wir uns ein unter Wolfsbarschanglern schon fast legendäres Revier aufgehoben: den Inny Strand. Zwar kann man am gesamten Sandstrand erfolgreich auf Wolfsbarsch fischen, uns aber zieht es direkt bis zur Mündung des River Inny, wo sich bei ablaufendem Wasser eine reißende Strömung in den Atlantik ergießt.

In gebührendem Abstand zur Hauptströmung des Flusses waten wir auf dem festen Sand und machen unsere ersten Würfe. Köderempfehlung von John: das Schwerste, was wir in unserer Box haben, damit wir ordentlich auf Weite kommen. Zum Glück haben Fin und ich noch einige Meerforellenblinker über 35 Gramm parat, die wir etwas skeptisch Richtung Horizont schleudern.

Die gesamte Atmosphäre ist absolut irre: Auflandiger Wind bläst uns Sprühregen ins Gesicht, schäumende Wellen krabbeln an uns hoch. Bei auflaufender Flut bricht allmählich die Dunkelheit herein und in den Häusern von Waterville gehen die Lichter an.

Und plötzlich sind sie da! Wolfsbarsche und Makrelen scheinen auf einmal den gesamten Strand unsicher zu machen und gehen in den tosenden Wellen auf Jagd! Vor allem mit der Spinnrute fangen wir zahlreiche Wolfsbarsche in völliger Dunkelheit und erleben eine unvergessliche Fischerei. Als ich später im Ferienhaus halbwegs trockengelegt auf mein wohlverdientes Gute-Nacht-Guinness starre, frage ich mich, was an diesem Strand wohl noch möglich wäre, wenn wir nur mehr Zeit hätten ...

Die Antwort schickt mir Markus nur einen Monat später per Email: Bei einem erneuten Trip nach Waterville ging ihm unter anderem dieser großartige Fisch von 72 Zentimetern an die Fliegenrute. 

Spätestens danach war klar: Ich könnte genau wie Charlie Chaplin jedes Jahr an diesen Ort zurückkehren. Nur eben nicht mit Bambusstock und Melone, sondern mit Angelrute und Wathose!

Lust auf mehr? Hier gelangt Ihr direkt zu Teil II unseres Kerry-Trips.


Fotos: Holger Bente (37), Markus Müller (3), John Quinlan (1) / Illustration: Bastian Gierth

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